Während sich in Deutschland die Blechlawinen in Bewegung setzen, um Familie oder Urlaubsziel zu erreichen, mache ich drei Tage lang, was ich am liebsten mache: Musik! Und zwar Straßenmusik!
Der Freitag ist ja eigentlich nicht mein Auftrittsabend, aber ich hoffte trotzdem auf einige Leute in den Straßen Sydneys. Die Freundin meines Mitbewohners empfahl mir „Balmain“, welches recht im Zentrum liegt. Dort seien zahlreiche Restaurants und Ausgehmöglichkeiten. Eigentlich könnte ich ja auch einfach in Newtown auftreten, aber ich möchte gerne Samstagnacht als etwas besonderes Erhalten. Ich möchte nicht, dass die Leute vorbeigehen und denken „Oh, der Typ schon wieder“, sonder eher: „Wow, schau mal, da ist der Typ im Anzug von letzter Woche, der Jazz-Songs singt!“ .
Und daher klang Balmain doch super! Also packte ich Sack und Pack und machte mich gegen 18 Uhr auf den Weg.
Da ich der einzige Reisende im Bus nach Balmain war, bekam ich eine extra kleine Stadtrundfahrt mit guten Busking Spots vom Busfahrer gezeigt. Ich lief die Straße hoch und baute mein Set auf. Ich war in großer Hoffnung durch einen neuen Aushang in meinem Koffer und schicke neue Visitenkarten ein paar neue Auftritte zu ergattern. Der Spot war auch gut gewählt! Ich platzierte mich in Nähe eines kleinen Seafood Restaurants vor einem Schaufenster, welches von einem Spotlight beleuchtet wurde. Somit beleuchtete es mich. HA! Ich glücklicher!
Der Abend an diesem Spot verlief recht unspektakulär. Ein Taxifahrer hielt an der Straßenseite an, um mir zuzuhören und behinderte Teilweise den Verkehr. Gegen 21 Uhr platzierten sich ein paar halbstarke Jugendliche mit fragwürdiger Intelligenz etwas südwärts der Straße. Die fanden es dann ganz toll die Nacht mit R’n’B Musik zu bereichern. ARGH! Also packte ich nach zehn Minuten zusammen und machte es mir an einem anderen Standort bequem.
Ich fragte die Besitzer zweier Restaurant, ob ich denn vor ihrem Gastronomiebetrieb auftreten könne. In beiden Fällen kein Problem. Ich baue auf, singe, freue mich über Klein- und Großgeld und packe wieder zusammen. Gerade als ich anfing mit dem Abbau kommt eine Gruppe betrunkener Geburtstagsfeierer vorbei, die sich dann gleich mal Titel aus dem Metal-Bereich wünschen. Kann ich leider nicht vollständig mit dienen. Sie geben sich dann mit einem „Bad, Bad, Leroy Brown“ – umgedichtet auf das Geburtstagskind – zufrieden. Als die Damen und Herren abzogen, packte ich wieder alles zusammen und fuhr mit dem Taxi nach Newtown.
Mir fällt sofort auf, wie viele Menschen sich um 22.30Uhr noch in Newtown tummeln. Alex – ein anderer Straßenmusiker erkennt mich und winkt mir zu. Ich beschließe noch nicht nach Hause zu fahren, sondern noch ein wenig in Newtown zu verweilen. Ich helfe Alex ein wenig mit seinem Gitarrengurt, rede über Balmain und gehe dann Richtung Kino. Dort baue ich alles wieder auf und lege los. Das Timing ist perfekt! Fünf Minuten später endet nämlich ein Film und die Menschen strömen aus dem Kino. Sofort sammelt sich eine Menschentraube mit 15 Personen um mich herum, die dann alle großzügig Münzen beitragen. Genial!
Nach einer weiteren Stunde geht dann langsam meine Akkuladung zuneige. Merkwürdig. Mein Verstärker benötigt 6 AA-Batterien und läuft damit normalerweise 4 Stunden durch. An dem Abend hatte ich allerdings noch keine 4 Stunden erreicht, aber schon die zweite Akkuladung drin. Mein Ladegerät zu Hause lädt nur 4 Akkus auf einmal und da kann es dann schonmal passieren, dass ich zwei Batterien übersehe und die auch noch mit den anderen geladenen vermische. Wäre das erste Mal in meiner Busking-Geschichte, dass mir das passierte, aber naja. Gehört halt dazu.
Ich laufe dann kurz vor Mitternacht die King St hinunter Richtung „Home“. Dort wird noch ein wenig Wasser getrunken (neuerdings mit leckeren Chia-Samen) und dann gehe ich ins Bett.
Der Samstag ist ein Mix aus dem Kauf verschiedener Papiersorten, Aufräumarbeiten in meinem Zimmer, Dokusgucken (Tipp: Plastik über Alles), ein wenig Kommunikation und Einstudieren neuer Songs. Am Abend heißt es auch hier wieder: Busking-Time !
Es ist 19.30Uhr ich gerate etwas in Hektik. Wie jeden Samstag. Und während es draußen in Strömen zu regnen beginnt, begebe ich mich in meinen „Tux“ und mache mich fußwärts die King St hoch. Ich könnte selbstverständlich auch mit dem Bus fahren, doch ist er um die Zeit meistens nicht schneller am oberen Ende der King St, als ich zu Fuß. Der Verkehr ich nämlich gegen Abends am Südende der King St nur einspurig. Auch laufe ich gerne um zu sehen, wie viele Menschen auf der Straße sind, und wo sich noch andere Straßenmusiker verstecken. Ich hab Glück! Gerade WEIL es regnet sind viele Straßenmusiker heute zu Hause geblieben. Ich sehe nicht einen! HA! Genial.
Ich komme an meinem Busking Spot am „Old Fish Cafe“ an und beginne mit dem Aufbau. Da kommt ein Mädchen-Paar vorbei, das mich fragt, wenn ich dann mal einen „richtigen“ Gig hätte. Nun… ich sagte ihnen, dass man mich buchen könnte, ich aber daran arbeite. Das stimmte sie heiter und sie gaben mir einen $5 Schein! Ich musste nichtmal singen :)
Dann baue ich aber doch weiter auf und singe und singe und singe.
Um 22 Uhr geht es dann noch bis Mitternacht runter zum DENDI Cinema.
Gegen Ende des Abend war ich absolut platt von der Mannigfältigkeit von Eindrücken dieser Nacht. So viele verrückte Leute! Wo hingegen der erste Buskingspot recht unspektakulär verlief, war mein Auftritt vor dem Kino recht… nun… ich nenne es mal „erfrischend“ .
Zum einen war es eine Gruppe Mittzwanziger, die alle (alle=20 Menschen) lustige weiße Osterhasenhaareifen mit Ohren trugen. Die fanden das ja eine riesen Gaudi und tanzten alle gleich mal drauf los. Einer aus der Gruppe sang dann mit mir zusammen „Moondance“. War aber gar nicht so leicht, weil er immer schneller wurde und somit die gesamte Meute der musikalisch dem Rhythmus davonrannte. Als Dank hinterließen sie mir zahlreiche Münzen und Schokoostereier! Nun war mein Köfferchen osterlich eingerichet.
Ein paar Minuten später kam eine Gruppe aus vier Jungen Damen und Herren vorbei, von denen einer behauptete, dass es sein Geburtstag sei. Hab ich ja nix dagegen. Kann sich auch gerne ein Lied wünschen. Aber wenn man mir von rechts und links ins Mikrofon schreit, während ich meine Arbeit verrichte, werde ich garstig. Die wollten was von den „Ramones“. Baten mir auch „Metal“ an. Aber das hab ich nicht und werde es auch in den nächsten 2 Jahren nicht haben! Ich sing doch nicht „Blitzkrieg Bop“ im Anzug!
Jedenfalls gab er nach Ende des Liedes (welches ich dann aussuchte) immernoch keine Ruhe. Ein Gruppe von anderen Zuhörern versuchte sie dann zum weggehen zu bewegen. Der nette Chef des Cafés hinter mir half mir dann dabei ihn loszuwerden (dank seiner Körpergröße von fast 2 Metern :P ). Julia aus dem gleichen Café brachte mit dann noch einen Kamillentee. NICE!
Danach verlief alles weiter glatt. Dann war da noch eine Gruppe etwas älteren Klientels, die echt viel Spaß mit meiner Musik hatten. Wir machten Fotos zusammen und ich sang ihnen ihre Lieblingslieder. Sie verabschiedeten sich, kehrten aber kurz danach wieder zurück. Ein Herr der Gruppe hatte nämlich seinen kostbaren Silberring verloren, den seine Freundin ihm einst geschenkt hatte. Ich half beim Suchen, aber naheliegend war, dass der Ring in den Rinnstein purzelte und von dort aus King St abwärts mit dem Regenwasser hinfort gerissen wurde. Ich bat ihm trotzdem darum mir seine Nummer zu hinterlassen, falls sich in meinem Köfferchen etwas anfinden sollte.
Kurz nach Mitternacht gesellten sich dann noch zwei Damen zu mir, mit denen ich dann noch zusammen „Me and Mr. Jones“ und „Mr. Bojangles“ sang. Die zwei waren große Jason Mraz fans und somit verwies ich sie auf meine Myspace-Seite. Da gibt es zwar keinen Jason Mraz, aber zumindest meine Musik. Ähnlich ist sie ja.
Ich packe alles zusammen, wünsche Newtown eine gute Nacht und bedanke mich für die Unterstützung von Straßenmusik. Danach klingt mein Abend mit einem „As Time Goes By“ aus.
Marc – der Chef des Cafés – schließt gerade den Laden und ich nutze die Gelegenheit um mich nochmal bei ihm für die Hilfe zu bedanken. Danach geht es ab zu der andren Straßenseite, in ein Taxi und dann heimwärts in mein Loft.
Glücklich und zufrieden falle ich ins Bett. Heute – Ostersonntag – kann ich aber auch meine Füße nicht hochlegen, sondern ich habe einen Auftritt bei einer Familienfeier. Wahrscheinlich für drei Stunden. Ich freue mich schon!
Soviel von mir liebe Deuschlandmitverfolger meines Traumes. Mir geht es gut und Wetter ist fast immer gut ;) .
Bleibt frisch!
Euer Julien – the TuxGuy
menno
schreib nicht immer solchen mist...ich bekomme schlechte laune beim lesen :-)
Was würde ich dafür geben, nur die hälfte miterleben zu dürfen.
Schöne das du uns daran teilhaben lässt. wir müssen mal wieder teln oder ich muss mal eine lange mail schreiben.
lg
Boris
wooohhhooooooo
**the unfunky white guy**